Predigt "Wie lebt man so, dass man Gott gefällt?"

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Einführung

Es war bei einer evangelistischen Veranstaltung. Die Gemeinde hatte Menschen eingeladen, die mit dem christlichen Glauben nicht viel zu tun hatten. Nun hoffte man, dass sie sich begeistern lassen würden, Christ zu werden. Ein junger Mann wurde interviewt. Er sollte erzählen, was ihn motiviert hatte, Christ zu werden. Und wie er sein Christsein jetzt lebte.
Der junge Mann erzählte davon, dass er sich für ein Leben mit Jesus entschieden hatte. Jesus habe seine Schuld vergeben und er wisse, dass er einmal im Himmel leben werde. Dann fuhr er fort: “Ja, es ist natürlich schwer, Christ zu sein. Es gibt viele Dinge, die ich früher gemacht habe, und die ich jetzt als Christ nicht mehr tun darf. Das ist nicht immer leicht. Aber ich weiß ja, dass ich am Ende dafür belohnt werde, wenn ich einmal im Himmel bin.”
Ob das wirklich Menschen dazu motiviert hat, jetzt auch Christen zu werden, weiß ich nicht. Ich glaube aber eher nicht. Worum geht es eigentlich im Christsein:

1. Gott gehorchen oder Gott gefallen?

Was haben wir für eine Vorstellung vom Christsein? Dass man Gott gehorchen muss, auch wenn das eine schwere Last ist? Wir hatten ja vor einigen Wochen in unserer Predigtreihe zur Bergpredigt auch die Geschichte von der engen Pforte und dem schmalen Weg. Dieses Bild von der Schwere der Nachfolge und dem problematisch engen Weg zu Gott haben viele von uns ja im Kopf, wenn sie über Christsein nachdenken.
Nun geht es nicht darum, ob wir Gott gehorchen müssen oder nicht. Wenn Gott wirklich Gott ist, dann ist er der Herr von allem. Auch von uns. Und dann ist sein Wort selbstverständlich das, woran sich jeder orientieren muss. Dann muss letztlich jeder Mensch Gott gehorchen. Freiwillig und heute schon, oder dann einmal, wenn Gott sein Reich aufrichtet und Gericht übt. Dann, so sagt die Bibel, “werden sich alle Knie beugen”. Aber ist es das, was Gott letztlich will - Menschen, die ihm gehorchen. Ist er dann zufrieden?
Jesus wurde einmal von den damaligen Theologen, den Schriftgelehrten und Pharisäern, gefragt, was das Zentrum der ganzen Bibel ist. Seine Antwort war nicht: Du musst Gott gehorchen. Seine Antwort war:
Markus 12,30 LUT84
und du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von ganzem Gemüt und von allen deinen Kräften« .
Und dann fügt er noch eine zweite Sache dazu, die Gott genauso wichtig ist:
Markus 12,31 LUT84
Das andre ist dies: »Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst«. Es ist kein anderes Gebot größer als diese.
Ich habe diese Predigt überschrieben mit: “Wie lebt man so, dass man Gott gefällt?” Wir werden uns mit einem Psalm beschäftigen, dem Psalm 15. Wir haben ihn vorhin schon gehört. Aber bevor wir uns damit beschäftigen, was uns dieser Psalm über ein Leben sagt, das Gott gefällt, ist es mir ganz wichtig deutlich zu machen, dass es Gott nicht nur darum geht, dass wir ihm gehorchen. Es geht ihm darum, dass wir ihn lieben. Und dass dies das Beste ist, was uns geschehen kann!
Jesus hat es einmal so ausgedrückt:
Matthäus 11,29 LUT84
Nehmt auf euch mein Joch und lernt von mir; denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen.
Ein Joch, das ist ein Holzbalken, der über den Nacken von zwei Tieren gelegt wird. Daran ist dann ein Wagen oder ein Pflug oder ein anderes Gerät befestigt, das jetzt von beiden Tieren gemeinsam gezogen werden kann. Ganz ehrlich: Wenn ich das Wort “Joch” höre, dann klingt das überhaupt nicht positiv. Es klingt so, wie ich mir früher immer die Sache mit der engen Pforte und dem schmalen Weg vorgestellt habe: schwer und asketisch. Aber was will man machen, man will ja schließlich in den Himmel kommen.
Aber schon in dem Vers ist die Begründung spannend: “denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen.” Und dann fährt Jesus fort:
Matthäus 11,30 LUT84
Denn mein Joch ist sanft, und meine Last ist leicht.
Die Pforte ist nicht eng und der Weg schmal, weil es so schwer und mühsam ist, Jesus nachzufolgen, Gott gehorsam zu sein. Die Pforte ist eng und der Weg schmal, weil es nur diese eine Möglichkeit gibt, zu Gott zu kommen. Nur Jesus ist der Weg zu Gott. Es gibt viele Wege, wie man ohne Gott leben kann. Aber nur einen, wie man mit ihm lebt: nur Jesus ist der Weg zum Vater.
Es geht also durchaus um Gehorsam. Aber ein Gehorsam, der nicht Last ist, sondern Lust. Ein Gehorsam, der zum Leben führt. Mir ist am Mittwoch in meiner persönlichen Bibellese der Vers aus der Tageslosung dieses Tages wichtig geworden. Da hieß es:
Psalm 119,45 LUT84
Und ich wandle fröhlich; denn ich suche deine Befehle.
Wörtlich kann man übersetzen: “Und ich wandle in großer Freiheit; denn ich suche deine Befehle.” Mir ist daran noch einmal klar geworden, dass Gott zu gehorchen wirklich das Beste ist, was uns passieren kann. Und dass es Gott nicht darum geht, uns einzuschränken, sondern uns frei zu machen. Das kann unsere Perspektive ändern. Dann fragen wir nicht mehr: “Darf ich das als Christ?” Sondern “Gefällt dir das, Vater?”
Wir wollen uns jetzt anschauen, wie ein solches Leben mit Gott aussieht, ein Leben, das Gott gefällt. Dabei müssen wir das immer im Hinterkopf behalten: es geht nicht darum, Gesetzen und Normen zu gehorchen, die Gott aufgestellt hat, damit wir in den Himmel kommen. Es geht darum, Gesetzen und Normen zu gehorchen, die uns zeigen, wie man Gott gefällt. Dem Gott, den wir von Herzen lieben und der uns diese Regeln gegeben hat, damit unser Leben gelingt. Damit wir fröhlich und in Freiheit leben können!

2. Wie kann man Gott gefallen?

Schauen wir uns jetzt Psalm 15 an. Der Psalm beginnt mit den Worten:
Psalm 15,1 LUT84
Ein Psalm Davids. Herr, wer darf weilen in deinem Zelt? Wer darf wohnen auf deinem heiligen Berge?
Das alte deutsche Wort “weilen”, das hier steht, meint soviel wie “bleiben”, “wohnen”, “bleiben”. Das “Zelt”, von dem hier die Rede ist, erinnert an die Stiftshütte und später den Tempel. Es ist der Ort, an dem Gott Israel seine Gegenwart versprochen hatte. Manche Übersetzungen schreiben daher hier auch: “Wer darf wohnen in deinem Heiligtum?”. Und Gottes heiliger Berg, das war ebenfalls der Tempelberg in Jerusalem. David fragt hier also, wer in der Gegenwart Gottes leben darf. Dabei geht es nicht darum, Regeln und Normen aufzustellen, die man einhalten muss, bevor man zu Gott kommen darf. Es geht vielmehr darum, wie jemand leben soll, der zu Gott gehört, der in seiner Gegenwart zuhause ist. David fragt, wie man so leben kann, dass man Gott gefällt und deshalb gerne mit ihm zusammen sein kann. Wie kann und soll man in Gottes Gegenwart leben? Drei Dinge sind es, die er dann zunächst nennt und dann in den nächsten Versen entfaltet. Drei Dinge, die Gott gefallen:
Psalm 15,2 LUT84
Wer untadelig lebt und tut, was recht ist, und die Wahrheit redet von Herzen,
Schauen wir uns diese drei Dinge einmal etwas genauer an:

2.1 Wahrhaftig reden

“Die Wahrheit reden von Herzen”, so übersetzt Luther hier. Der Vers 3 entfaltet das:
Psalm 15,3 LUT84
wer mit seiner Zunge nicht verleumdet, / wer seinem Nächsten nichts Arges tut und seinen Nachbarn nicht schmäht;
Was gefällt Gott? Wenn wir im Umgang miteinander offen und ehrlich sind. Wenn wir füreinander das Beste wünschen und nicht schlecht übereinander reden.
Eine kleine Vorbemerkung noch zum Verständnis von poetischen Texten wie den Psalmen. In der hebräischen Poesie geht es immer darum, dass die Aussagen eines Verses aufeinander zu beziehen sind. Sie erklären sich gegenseitig. Häufig wird in den beiden Hälften (oder den drei Teilen eines Verses wie hier) das Gleiche mit anderen Worte noch einmal gesagt. Manchmal wird erst eine Sache und dann das Gegenteil gesagt. Das sehen wir gleich in V.4 noch. Und manchmal wird ein Gedanke aufgriffen und dann schrittweise entfaltet. Immer aber ist es wichtig, dass man das, was gesagt wird, aufeinander bezieht und es dazu benutzt, sich gegenseitig zu erläutern. Hier sind es die drei Dinge: “Mit der Zunge nicht verleumden”, “seinem Nächsten nichts Böses tun” und “seinen Nachbarn nicht schmähen”. In allen drei Dingen geht es darum, wie wir miteinander umgehen sollen.
“Mit der Zunge nicht verleumden” - Wie schnell geschieht das. Wir reden nicht miteinander, sondern übereinander. Und das, was wir da weitergeben, sind Dinge, die wir gehört haben. “Hast du schon gehört ...” Manchmal wird das sogar unter dem Deckmantel des Gebetes gesagt: “Ich wollte dir das nur sagen, damit du dafür beten kannst ...”
Und wenn das einmal gesagt ist, kann man es nicht mehr zurückholen. Jemand hat es einmal damit verglichen, dass man ein Federkissen aufschneidet und die Federn aus dem Fenster hinaus ausschüttet. Der Wind treibt sie in alle Ecken der Umgebung. Diese Federn wieder alle zurückzuholen, ist unmöglich. Genauso kann man die Worte, die man einmal gesagt hat, nicht wieder zurückholen. Und selbst wenn man sich irgendwann entschuldigt dafür - die Worte sind unterwegs.
Jakobus hat deshalb über die Zunge geschrieben:
Jakobus 3,5 LUT84
So ist auch die Zunge ein kleines Glied und richtet große Dinge an. Siehe, ein kleines Feuer, welch einen Wald zündet’s an!
Deshalb steht auch als Nächstes da: “wer seinem Nächsten nichts Arges tut” - nichts Böses tut. “Wahrhaftig reden”, das ist es, was Gott gefällt. Wie vermeidet man es, mit der Zunge zu verleumden? Indem uns der Nächste wichtig ist. Jesus hat ja das Gebot, den Nächsten zu lieben wie sich selbst, als das Gebot bezeichnet, was neben dem der Liebe zu Gott das Wichtigste ist. Eigentlich gehört es eng zusammen. Ich liebe meinen Nächsten, weil ich Gott liebe. Denn Gott liebt mich und meinen Nächsten. Wie vermeidet man es, schlecht übereinander zu reden? Indem mir der Nächste wichtig ist. Indem ich ihn liebe.
Dabei ist übrigens wichtig, dass es hier nicht um Sympathie oder Gefühle geht. Den Nächsten zu “lieben” bedeutet nicht, ihn toll finden zu müssen. Es bedeutet, ihn wichtig zu nehmen. Mindestens so wichtig, wie ich mich selbst nehme. Wenn man dabei Schwierigkeiten hat, ein kleiner Tipp: Man kann es lernen, seinen Nächsten zu lieben, indem man anfängt, für ihn zu beten. Ich weiß nicht mehr, von wem ich es gehört habe, aber jemand hat einmal gesagt, dass er angefangen hat, für einen Menschen, der ihm überhaupt nicht lag, zu beten, und zwar mit den Worten: “Herr, segne ihn und ändere mich.” Ein tolles Gebet. Ich habe das dann selbst ausprobiert und festgestellt, dass es wirklich hilft. Es verändert unser Denken über den Anderen!
Und wenn der Andere mir wichtig ist, dann ist das dritte, was David hier sagt, eigentlich logisch: “den Nachbarn nicht schmähen”. Letztlich sind alle drei Aspekte, die in diesem Vers genannt werden, die Umschreibung einer Sache: Wie soll mein Verhältnis zu meinem Nächsten sein im Blick auf mein Reden. Wie kann ich von ganzem Herzen wahrhaftig reden? Übrigens: wenn hier vom Nachbarn die Rede ist, dann meint das nicht nur den Menschen, der in meiner Straße wohnt. Es ist ein Wort, das ähnlich wie das Wort “Nächster” zu verstehen ist. Der Mensch, mit dem ich viel zu tun habe.
Diesen Menschen soll ich nicht schmähen, ich soll nicht schlecht über ihn reden. Und wie schon bei den anderen beiden Aspekten dieses Verses hängt hier alles davon ab, wie mein Verhältnis zu dem “Nachbarn” ist. Wenn ich ihn liebe und er tut etwas, was nicht richtig ist - rede ich dann schlecht über ihn oder fange ich an, für ihn zu beten und suche nach Wegen, mit ihm zu reden?
Wenn man sich diese drei Aspekte des “wahrhaftig redens” einmal anschaut, merkt man, dass es hier wirklich nicht darum geht, uns Menschen irgendwelche schweren Gebote oder Lasten aufzulegen. Es geht vielmehr darum, wie wir frei und unbeschwert miteinander leben können. Wenn wir uns alle an diese Regeln halten würden - was würde das für die Atmosphäre in unserer Gemeinde bedeuten! Nun meine ich nicht, dass das überhaupt nicht geschieht. Aber ich glaube, dass da auch bei uns noch “Luft nach oben” ist. Wahrhaftig reden - das gefällt Gott und das tut uns gut!

2.2 Aufrichtig leben

Als nächstes nimmt David den ersten Aspekt auf, den er in V.2 genannt hatte: “Wer untadelig lebt”. “Aufrichtig leben”, so habe ich es hier genannt. Das hebräische Wort könnte auch mit “vollkommen” übersetzt werden. Manche Übersetzungen tun das. Aber das klingt so unmöglich. Wer kann schon “vollkommen” sein. Gemeint ist damit ein Leben, das geradeaus ist. Ein Leben ohne Winkelzüge. Ein Leben, das offen und ehrlich ist. Aufrichtig eben. Was damit gemeint ist, erläutert David jetzt in V.4:
Psalm 15,4 LUT84
wer die Verworfenen für nichts achtet, / aber ehrt die Gottesfürchtigen; wer seinen Eid hält, auch wenn es ihm schadet;
Der erste Aspekt klingt für unsere Ohren ein wenig seltsam: “die Verworfenen für nichts achten”. Das können wir ja recht gut. Wir wissen genau, wer alles “Verworfen” ist. Und die zu verachten - kein Problem!
Mir schrieb vor vielen Jahren ein damals in der christlichen Welt nicht unbekannter Mann in einem Brief: “Als Christ muss man nicht so sehr wissen, wofür man ist, sondern wogegen man ist.” Wow! Und er meinte das ernst!
Aber ist das hier gemeint? Man muss - wie ich vorhin ja schon gesagt habe - in solchen poetischen Texten immer darauf achten, wie sich die Aussagen gegenseitig erklären. Hier folgt nämlich als Nächstes das Gegenteil dazu: “aber ehrt die Gottesfürchtigen”. Die “Verworfenen”, das sind daher in diesem Kontext Menschen, die ohne Gott leben. Ihnen gegenüber stehen die “Gottesfürchtigen”, die Menschen, die ihr Leben an Gott und seinen Geboten ausrichten. Und ebenso stehen sich das “nicht achten” und das “ehren” gegenüber.
Was David hier meint ist das, was wir auch schon in Ps. 1 lesen:
Psalm 1,1 LUT84
Wohl dem, der nicht wandelt im Rat der Gottlosen / noch tritt auf den Weg der Sünder noch sitzt, wo die Spötter sitzen,
Also wohl dem, der sein Leben nicht an den Menschen ausrichtet, die ohne Gott leben. Hier geht es nicht darum, dass man jemand verachtet oder mit jemand keinen Kontakt hat. Es geht darum, welchen Menschen ich gestatte, dass sie mein Leben prägen. An welchen Menschen ich mich orientiere und ausrichte.
Es geht also darum, wie man so leben kann, dass man Gott gefällt. Indem man sich an den Menschen orientiert, die ebenfalls Gott ehren und nicht an denen, die ihr Leben ganz bewusst ohne ihn führen.
Der dritte Aspekt scheint auf den ersten Blick nicht dazu zu passen: “wer seinen Eid hält, auch wenn es ihm schadet.” Es ist auch ganz klar in eine andere Richtung gesagt. Während die ersten beiden Aussagen meine Ausrichtung und Orientierung im Blick auf Andere ansprechen, geht es in dieser Aussage um meine Ausrichtung und Orientierung im Blick auf mich selbst.
Viele Menschen können ja im Blick auf Andere sehr gut sagen, was alles richtig und falsch ist. Wenn es aber um sie selbst geht, werden sie auf einmal sehr großzügig. Fehler, die man bei anderen nicht tolerieren würde, werden auf einmal einfach übersehen oder entschuldigt.
David sagt, dass wir nur dann ein aufrichtiges, untadeliges Leben führen, wenn wir nicht nur bei anderen genau wissen, was richtig und falsch ist und an welchen Menschen wir uns orientieren dürfen und sollen, sondern wenn wir das auch selbst leben. Wenn wir aufrichtig bleiben, auch wenn es uns schadet. Das Beispiel ist hier jemand, der einen Eid geleistet hat und dann feststellt, dass er sich selbst damit schadet. Bleibt man dann bei dem, was man geschworen hat?
Das gilt übrigens nicht nur bei Eiden. Das gilt ja ganz grundsätzlich für unsere Worte. Jesus hat gesagt:
Matthäus 5,37 LUT84
Eure Rede aber sei: Ja, ja; nein, nein. Was darüber ist, das ist vom Übel.
Und Jakobus schreibt:
Jakobus 5,12 (LUT84)
Es sei aber euer Ja ein Ja und euer Nein ein Nein, ...
Damit kommen wir zu dem letzten Aspekt:

2.3 Gerecht sein

David hatte in V.2 geschrieben: “wer tut, was recht ist”. Man könnte auch übersetzen: “wer Gerechtigkeit tut”.
Wenn wir das Wort “Gerechtigkeit” hören, dann verbinden wir damit häufig die Vorstellung eines Gerichtssaales, in dem Recht gesprochen wird. Es wird für Gerechtigkeit gesorgt. Dabei ist das natürlich ein schwieriges Thema. Denn wann und wie kann z.B. ein Verbrechen so aufgearbeitet werden, dass Gerechtigkeit entsteht.
Oder wir denken daran, dass jeder das Gleich bekommt. Das ist Gerechtigkeit. Und auch da wird es wieder schnell kompliziert. Wenn ein Elternpaar zwei Kinder hat, von denen der eine einen gutbezahlten Beruf hat, während der andere von Gelegenheitsjobs lebt - ist es dann “gerecht”, wenn sie dem einen regelmäßig finanziell unter die Arme greifen, während der andere keine Unterstützung bekommt? Oder müssen beide immer das Gleiche bekommen? Was ist das überhaupt - Gerechtigkeit?
Im Alten Testament ist “Gerechtigkeit” eigentlich viel stärker ein Beziehungsbegriff. Es geht nicht so sehr um etwas Abstraktes. Vielmehr ist ein Verhalten gemeint, das unserer Beziehung zueinander entspricht, das ihr gerecht wird. Im Blick auf Gott meint Gerechtigkeit dann ein Verhalten, das unserer Beziehung zu ihm entspricht. Deshalb ist die Übersetzung “tun, was recht ist” eigentlich ganz gut. Es geht darum, gerecht zu sein in seinen Beziehungen. Das drückt dann auch der Vers 5 aus:
Psalm 15,5 LUT84
wer sein Geld nicht auf Zinsen gibt / und nimmt nicht Geschenke wider den Unschuldigen. Wer das tut, wird nimmermehr wanken.
Also das klingt ja zunächst einmal sehr gut: “Wer sein Geld nicht auf Zinsen gibt”. Einmal abgesehen davon, dass man sowieso zurzeit kaum Zinsen bekommt - das wäre doch eine gute Möglichkeit, noch einmal auf die zinslosen Darlehen für unseren Gemeindebau hinzuweisen, oder? :-)
Aber so sehr mir das als Ältester natürlich gefallen würde - so ist das hier nicht gemeint, jedenfalls nicht so direkt. Es war in Israel von Gott her verboten, dass man von einem Mitisraeliten Zinsen nahm. Gegenüber Fremden war es erlaubt, aber innerhalb seines Volkes hatte Gott es verboten. Genauso übrigens wie das andere: Bestechungsgeschenke anzunehmen und dann Unschuldigen Unrecht zu tun. Zinswucher und Korruption - so könnte man das zusammenfassend nennen.
Nun könnten sich sicher manche entspannt zurücklehnen, weil sie das ja nicht betrifft. Denn Geld, das sie gegen Zinsen an andere Christen verleihen könnten, haben sie ja gar nicht. Und in die Situation, sich von jemand bestechen zu lassen um damit anderen Unrecht zu tun, kommen sie auch nicht. Ich kann mich jedenfalls nicht daran erinnern, dass mir eine dieser Situationen schon einmal persönlich begegnet ist.
Aber wie so oft bei der Bibel - man muss hinter das schauen, was gesagt wird und fragen, was Gott damit eigentlich wollte. Hatte man als Israelit damals das wirklich erfüllt, wenn man sowieso nicht viel Geld hatte und auch nie in eine Situation kam, in der man Bestechungsgeschenke angeboten bekommen hätte?
Nein, das ist sicher nicht der Fall. Denn dieser Vers soll ja erläutern, was es bedeutet, gerecht zu leben. Er soll klar machen, dass ein Leben, das Gott gefällt, immer auch ein Leben ist, das sich im Verhalten zu den Mitmenschen zeigt.
Was kann das also bedeuten, sein Geld nicht auf Zinsen zu geben? Ich denke es heißt ganz grundsätzlich, dass wir im Umgang miteinander nicht berechnend sind. Dass es nicht darum geht, was ich davon habe, was mir guttut oder was mich voran bringt. Wenn ich dem anderen helfe, dann um seinetwillen, nicht damit ich gut dastehe. Und wenn ich ihm etwas leihe, dann ohne Hintergedanken.
Und was bedeutet es, keine Bestechungsgeschenke anzunehmen? Natürlich ist damit auch ganz grundsätzlich klar, dass Gott gegen Korruption ist. Vermutlich wird jeder jetzt sagen: ich auch. Aber es gibt ja Formen der Korruption, die nicht so offensichtlich sind. Wenn ich nur das tue, was mir etwas bringt. Wenn ich dem Anderen nicht helfe, weil ich mir davon nichts verspreche. Wenn ich mein Ansehen steigern möchte und mich deshalb Anderen gegenüber falsch verhalte. Bestechungsgeschenke - das ist letztlich alles, wodurch ich mir einen Vorteil verspreche, auch wenn es anderen schadet. Wenn ich bei allem was ich tut, im Hinterkopf mich selbst und mein Ansehen habe.
Wie oft haben wir solche Hintergedanken! Was denkt der oder die Andere, wenn ich dies oder jenes tue? Wie stehe ich dann da? Hilft das meinem Ansehen, meiner Ehre, meiner Macht?
Und umgekehrt: lohnt es sich, dass ich dies oder jenes tue? Was “bringt” es mir?
Gott möchte, dass wir umdenken. Nicht was mir hilf oder was mich voranbringt zählt, sondern was Gott hilf und sein Reich voranbringt. Was anderen hilft und sie näher zu Gott bringt. Und da sind wir wieder bei dem, was Jesus als Kern der ganzen Bibel bezeichnet: Gott zu lieben von ganzem Herzen, ganzer Seele und ganzem Gemüt und unseren Nächsten zu lieben wie uns selbst.
Wer so lebt, sagt David abschließend, der “wird nimmermehr wanken”. Oder anders übersetzt: “der wird auf ewig bleiben.” Damit schließt sich der Kreis. Es ging ja um die Frage, wer in der Gegenwart Gottes, in seinem Heiligtum und auf seinem heiligen Berg wohnen darf. Und wer dort wohnt, wer in Gottes Gegenwart zuhause ist, der hat Ewigkeit. Der bleibt. Der wird nicht untergehen.
Gott gehorchen - darum ging es in dieser Predigt. Und darum, dass Gott gehorchen letztlich das Beste ist, was uns passieren kann. Nicht Last, sondern Lust - Freude und Freiheit.
Schließen möchte ich damit, was Gott seinem Volk - und damit auch uns - durch den Propheten Jeremia sagt:
Jeremia 29,11 SLT
Denn ich weiß, was für Gedanken ich über euch habe, spricht der Herr, Gedanken des Friedens und nicht des Unheils, um euch eine Zukunft und eine Hoffnung zu geben.
Amen
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